Der zweite Blick

Oft stelle ich die Kamera erst auf, wenn der Ort bereits besucht und das Objekt schon bestimmt wurde – nicht prima vista – sondern auf den zweiten Blick.

Zurückzugehen an einen Ort heisst dann eine Kontinuität verfolgen, Veränderungen registrieren, sich vertraut machen.

Die Arbeit mit dem Grossformat schränkt ein, zwingt zur Langsamkeit und zur Sorgfalt: die technische Vorbereitung, die Wahl des Standpunkts, des Ausschnitts, das Suchen auf der Mattscheibe, das Warten auf das Licht.
Dann das Wählen von Blende und Zeit, das Einschieben der Kassette und die Belichtung des Films.

Nachher wird das Negativ entwickelt. Das was greifbar war, schrumpft auf eine Folie und mutiert in einen virtuellen Raum.
Dieser Raum wird in der weiteren Arbeit wieder neue Wirklichkeit.

Es ist dann die Schnittmenge zwischen Welt und eigener Wirklichkeit und das Vermischen, der Eros, der dann neue Bilder schafft. Diese Schnittstelle fliesst und mäandert -

und der zweite Blick nimmt das wahr.




März 2007