Katalogtext „In voller Blüte“ Museum Villa Rot


Maurice Ducret
Ausgangsbasis seiner Kunst war die eruptive Auffassung einer ungegenständlichen Malerei, die seismografisch den inneren Befindlichkeiten nachspürt. Vor rund zehn Jahren hat Maurice Ducret seine malerische Weltanschauung und seinen handschriftlichen Gestus in den Dienst des Abbildhaften gestellt. Heute ist seine Kunst in einer Welt der Gegenständlichkeit verortet. Zeitlose Bildthemen, figürliche und landschaftliche Motive haben Eingang in seine Bildsprache gefunden. Maurice Ducret fotografiert Akte und Landschaften, Gewässer und Blumen als Referenzpunkte in einem Koordinatensystem, das aus den Erscheinungsbildern der Wirklichkeit schöpft.
Aufmerksam beobachtet er die Details der Natur. Sorgfältig sucht er seine Motive aus, bevor er sie mit dem Auge der Kamera fokussiert. Das Filmmaterial dient als Rohstoff und Erinnerungsfragment, aus dem sich in einem aufwändigen Prozess der künstlerischen Aneignung ein Bild herauskristallisiert. Maurice Ducret scannt und digitalisiert die analog entwickelten Negative, vergrößert und verkleinert, sichtet, verwirft und wählt Ausschnitte. Aus der Anatomie des Gesehenen destilliert er jene Elemente, die er weiterverarbeitet und auf bemaltes oder ausgewaschenes Papier in mehreren Druckvorgängen aufbringt. Die Papiere erscheinen wie durchlässige Membranen, in denen sich die malerischen Setzungen und biomorphen Figurationen nach den Gesetzen einer sinnlichen Osmose gegenseitig durchdringen. Homogene Bildeinheiten entstehen, in denen sich die Chronologie der Arbeitsgänge verliert, um sich zugleich in den Sedimentationen aus durchlichteten Farblasuren und gegenständlichen Formzitaten sichtbar zu konservieren.
Maurice Ducrets Bildzyklen sind allesamt Resultate eines unprätentiösen lyrischen Versuchs, sich die Choreografie unserer natürlichen Lebensräume zu vergegenwärtigen. Sie entspringen der Verinnerlichung von Naturerscheinungen und dem sinnlichen Erleben von Wirklichkeit. Sie konzentriert die Eindrücke der Gegenwart und überträgt sie in eine reduzierte poetische Bildsprache, die das Staunen über die erhabene Ästhetik der Natur und die Intimität privater Erinnerungsmomente bewahrt.
Stefanie Dathe, Mai 2008